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Sorgerecht

Was bedeutet der Begriff Sorgerecht genau?

Das sogenannte Sorgerecht ist -kurz gesagt- das Recht und die Pflicht der Eltern, für das Wohl ihrer minderjährigen Kinder zu sorgen, über ihren Aufenthalt zu bestimmen, ihr mögliches Vermögen zu verwalten und sie gesetzlich zu vertreten.

Was bedeutet der Begriff Aufenthaltsbestimmungsrecht?

Das Aufenthaltsbestimmungsrecht ist „der größte Teil“ des Kuchens vom umfassenden Sorgerecht und häufig bei Trennungen und Scheidungen streitig. Das Aufenthaltsbestimmungsrecht regelt, wo sich das Kind aufhalten darf. Dabei gilt das Aufenthaltsbestimmungsrecht sowohl für den dauerhaften Aufenthalt des Kindes, also seinen Lebensmittelpunkt, als auch für seinen temporären Aufenthalt (längerer Urlaub oder längerer Aufenthalt im Ausland). Da sich das Aufenthaltsbestimmungsrecht nach dem Sorgerecht richtet, steht es nach einer Scheidung beiden Elternteilen gleichsam zu. Will also ein Elternteil nach der Trennung ohne Einwilligung des anderen Elternteils mit dem Kind z.B. in ein anderes Bundesland ziehen, bedarf es der Entscheidung des Familiengerichts.

Wem steht das Sorgerecht zu?

Grundsätzlich steht beiden verheirateten Elternteilen das Sorgerecht gemeinsam zu. Wird die Ehe durch eine Scheidung aufgelöst, sieht das deutsche Recht vor, dass beide Elternteile dennoch das gemeinsame Sorgerecht nach wie vor für ihr minderjähriges Kind gemeinsam tragen. Das Kindeswohl steht hier an erster Stelle. Das Kind soll sich nicht zwischen Mutter und Vater entscheiden müssen. Im Besten Fall können sich die Eltern auf der Elternebene darüber einig werden, wo das Kind leben soll und wie der Umgang zu demjenigen Elternteil gepflegt werden kann, bei dem es nicht lebt. Sollte es hier zu Meinungsverschiedenheiten kommen, stellen die Jugendämter der Städte und Gemeinden eine Beratungsmöglichkeit dar, um die Eltern in Konfliktsituationen zu beraten und gemeinsam eine Lösung zu suchen, bevor eine gerichtliche Auseinandersetzung geführt werden muss.

Was gilt bei Elternteilen, die nicht miteinander verheiratet waren und sind?

Grundsätzlich besteht die Möglichkeit, dass eine gemeinsame Sorgerechtserklärung abgegeben wird. So werden Kinder unverheirateter Eltern mit denen verheirateter Eltern gleichgestellt. Beide Elternteile haben dann das gemeinsame Sorgerecht. Wird keine gemeinsame Sorgerechtserklärung abgegeben, so besitzt die Kindsmutter das Sorgerecht alleine. Im Falle einer Trennung kann der Kindsvater jedoch beim Familiengericht beantragen, dass auch ihm das Sorgerecht übertragen wird. Seit 2013 hängt die Übertragung des gemeinsamen Sorgerechts nicht mehr von der Kindsmutter alleine ab, sondern vom Kindswohl. Entspricht es dem Kindswohl, dass der Kindsvater das gemeinsame oder sogar das alleinige Sorgerecht bekommen soll, ergeht die Entscheidung in diesem Sinne -aufgrund des Kindswohls.

Wer ist berechtigt, das Sorgerecht zu beantragen?

Bei verheirateten Elternteilen haben diese automatisch das gemeinsame Sorgerecht. Beantragen kann es einer für sich alleine nur, wenn eine Kindswohlgefährdung vom anderen Elternteil ausgeht. Bei unverheirateten Elternteilen, kann der Kindsvater das Sorgerecht im Wege einer Vaterschaftserklärung beim Jugendamt beantragen. Hier muss die Kindsmutter aber dem gemeinsamen Sorgerecht zustimmen. Tut sie das nicht, muss der Kindsvater sein Sorgerecht beim zuständigen Familiengericht beantragen. Auch hier empfiehlt es sich, einen Rechtsanwalt/in zu Rate zu ziehen und sich von ihm vertreten zu lassen.

Wann bekommt man das alleinige Sorgerecht?

Zunächst gibt es die Möglichkeit, dass ein Elternteil z.B. aufgrund weiter Entfernung vom Kind, auf sein Sorgerecht verzichtet. Das Sorgerecht wird dann qua gerichtlicher Entscheidung auf den anderen Elternteil übertragen. In allen andren Fällen kommt die Übertragung des alleinigen Sorgerechts auf einen Elternteil nur dann in Frage, wenn es dem Kindswohl entspricht. Dies ist z.B. dann der Fall, wenn es ausgeschlossen scheint, dass eine gemeinsame, verantwortungsbewusste und vernünftige Ausübung des Sorgerechts möglich ist. Zuständig ist hier das Familiengericht, so dass Sie bei einem solchen Wunsch immer einen Rechtsanwalt/in zu Rate ziehen sollten.

Was versteht man unter dem Kindswohl und wer entscheidet darüber?

Mit dem Begriff des Kindswohls ist das umfassende Befinden des Kindes gemeint- sowohl in wirtschaftlicher als auch in persönlicher Hinsicht. Schutzwürdig ist dabei das Wohlergehen und die Entwicklung des Kindes. Eine entsprechende Entscheidung trifft das zuständige Familiengericht. Dabei werden folgende Aspekte seitens des Familiengerichts berücksichtigt:

  • Bindungsaspekt: welche innere Bindung hat das Kind zu den Eltern (und ggfls. zu den Großeltern oder Geschwistern)
  • Förderungsaspekt: Wie kann das Kind am besten gefördert werden. D.h. wo erlebt das Kind Pflege, Betreuung, Versorgung, aber auch Erziehung und Förderung seiner Persönlichkeit
  • Kontinuitätsaspekt: Für das Kind soll möglichst eine stabile Betreuung gewährleistet werden. Es soll möglichst in seiner gewohnten Umgebung verbleiben und keine großen Änderungen der äußeren Umstände erfahren

Grundsätzlich entscheidet über das Kindeswohl nicht der Richter/in alleine, sondern unter Beistand von Mitarbeitern des Jugendamtes und eines Verfahrenspflegers, die jeweils eine Prognose abgeben.

Was versteht man unter einer Kindeswohlgefährdung?

Diese liegt z.B. dann vor, wenn ein Elternteil drogen- oder alkoholsüchtig ist oder dem Kind gegenüber gewalttätig auftritt. Auch eine starke Vernachlässigung des Kindes oder eine erhebliche, nicht nur kurzweilige psychische Erkrankung, die zu Selbstgefährdung und zur Gefährdung anderer Personen (z.B. des Kindes) führt, kann das Kindswohl gefährden.

Welche Betreuungsmodelle kommen bei einer Trennung oder Scheidung der Eltern in Betracht?

Grundsätzlich haben drei Betreuungsmodelle in der Rechtsprechung und Literatur Einklang gefunden, wobei die Eltern, wenn sie sich einig sind und sich auf der Elternebene gut verstehen, selbstverständlich auch andere- individuelle Lösungen finden können.

Zu den der Betreuungsmodellen zählen

  • Das sog. Residenzmodell, bei dem das Kind seinen Lebensmittelpunkt bei einem der beiden Elternteile hat und dort überwiegend seine Zeit verbringt. Hierbei verbringt das Kind -je nach individueller Abrede zwischen den Elternteilen- zum Beispiel jedes zweite Wochenende und die Hälfte der Ferienzeit sowie die Hälfte der Feiertage bei dem anderen Elternteil.
  • Das sog. Wechselmodell, bei dem das Kind abwechselnd in der jeweiligen Wohnung der Kindsmutter und des Kindsvaters wohnt. Das Wechselmodell folgt dabei einem bestimmten Rhythmus, je nach individueller Absprache der Eltern.
  • Das sog. Nestmodell, bei dem das Kind in der ehemals gemeinsamen Wohnung wohnt und abwechselnd- in einem bestimmten Rhythmus- von der Kindsmutter oder dem Kindsvater betreut wird.